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Empfohlen Schwere Bergtour Die Überschreitung der Fuchskarspitzen (2.314m & 2.254m) von Süd nach Nord

Dieses Thema im Forum "Tourenbeschreibungen" wurde erstellt von Thom, 2. November 2024.

  1. Thom

    Thom Mitarbeiter Registrierter Benutzer Intern

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    Isny im Allgäu
    Einmalige schöne aber anspruchsvolle Gratüberschreitung, welche definitiv bleibende Eindrücke hinterlässt. Die Anforderungen an Kondition, Orientierungsvermögen, Kletterfertigkeiten und Zeitmanagement sollten nicht unterschätzt werden.

    Tour-Bewertung:


    [​IMG] ca. 8 Std.
    [​IMG] Kondition
    [​IMG] ca. 1.780 Hm / 35,4 km
    [​IMG]Schwierigkeit III-III+ / T5
    [​IMG] Aussicht
    [​IMG] Empfehlung

    [​IMG]Tourengänger: Franzi, Tobi, Thom

    Bald schon wieder zwei Dekaden ist es her, als ich mir neben dem klassischen AVF Allgäuer Alpen von Dieter Seibert auch den DAV-Hüttenführer Prinz-Luitpold-Haus von Kristian Rath und Tobias Burger zulegte. Beide Werke wurden darauf hin beinahe täglich aufs Neue verschlungen, vor allem aber die allesamt anspruchsvollen Gratüberschreitungen im Gebiet des Prinz-Luitpold-Hauses versprühten eine irre Faszination auf uns, wenn wir auch zu anfangs eine Menge Respekt vor derart wilden Touren hatten. Über die nächsten Jahre hinweg durften wir dann nach und nach einige dieser recht außergewöhnlichen Touren in Angriff nehmen: Vom Giebel zum Salober, Südliche Fuchskarspitze über Südgrat und die Überschreitung der Balkenspitzen, die Überschreitung des Wilden Grates, vom Sattelkopf zur Nördlichen Fuchskarspitze oder über den Ostgrat auf den Hochvogel. Lediglich der Übergang vom Wiedemerkopf zum Kreuzkopf und die komplette Fuchskarspitzen-Überschreitung blieben uns bis dato verwehrt bzw. waren uns andere Berg- und Kletterprojekte wichtiger gewesen. Aufgrund der sehr stabilen Hochdruckwetterlage in diesem Spätherbst fassten wir recht spontan den Entschluss, diese augenscheinlich herrliche Gratwanderung endlich anzugehen. Zum Anspruch der Tour lässt sich soviel festhalten: auch erfahrene Bergsteiger sollten die Tour keinesfalls leichtfertig unterschätzen. Sie stellt hohe Anforderungen an Kondition und Kletterfertigkeiten, auch Fähigkeiten zum Auffinden der geschicktesten Route wie auch ein gutes Zeitmanagement sind wichtig. Aus welcher Richtung die Überschreitung letztlich angegangen wird, bleibt jedem Aspiranten selbst überlassen. Wir haben uns für die Überschreitung von Süd nach Nord entschieden und haben hierbei den letzten Abschwung in die tiefste Scharte von der Südlichen Fuchskarspitze kommend auf meinen Wunsch hin abgeseilt. Die Fels-Qualität ist hier leider deutlich mieser wie der Rest der Überschreitung und so wollte ich auf Nummer sicher gehen. Es gibt aber definitiv Möglichkeiten, diesen Abschwung auch seilfrei zu bewältigen, sei es über den Nordkamin, das Kriechband oder eben über die Abseilroute, welche von einem leicht überhängenden Balkon unterbrochen wird und sicher nicht unterschätzt werden darf. Die restlichen Schlüsselstellen verfügen oft über guten Fels, welcher dennoch stets geprüft werden sollte, sind teilweise aberwitzig ausgesetzt und herrlich zu klettern. Fühlt man sich in derartigem Gelände wohl, gibt es kaum lohnender Ziele in den Allgäuer Alpen! Neben dem rustikal-alpinen Ambiente, meist vollkommener Stille und Einsamkeit gibt es als Krönung herrliche Aussichten auf die umliegende Bergwelt on top. Der bekanntlich etwas weitere Zustieg von Hinterstein aus wird hierfür glaube ich von jedem Tourengeher gerne in Kauf genommen.

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    Beim Anstieg durchs Bärgündeletal hinauf zum Prinz-Luitpold-Haus grüßt wie immer der Schneck mit seiner legendären Ostwand von gegenüber.

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    Blick von knapp oberhalb des Prinz-Luitpold-Hauses hinüber zu den Gipfeln des Hindelanger Klettersteiges.

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    Aufstieg in die schattige Balkenscharte in dessen Mitte der namensgebende Balken thront.

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    Blick von der Balkenscharte hinüber zu Kleinem und Großem Rosszahn, dem kecken Spitz des Augezahns sowie Klupperkarkopf und Jochumkopf. Sicher auch noch eine Reise wert.

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    Der Einstieg zum Südgrat der Südlichen Fuchskarspitze erfolgt von der markanten Nische aus, hier kurz nach links und schnell wieder rechts herum orientiert in einen steilen, nicht immer festen Kamin (II+). Danach geht es auf günstigster Route über steile Schrofen (bis II) weiter nach oben.

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    Anschließend darf ein kleines Grattürmchen nicht ganz trivial abgeklettert werden (II). Am nächsten Steilaufschwung mit auffallend hellen Ausbruch auf seichten Pfadspuren linker Hand vorbei und rechts hinauf in ein steiles, kleines Couloir, welches vom einem nach schräg links oben verlaufenden Felsbalkon - der Schlüsselstelle des Südgrates - abgeriegelt wird.

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    Dieser Balkon lässt sich Dank des bombenfesten Felsens und mit der richtigen Technik recht gut überwinden (III-). Anschließend weiter über steile Rippen und Kamine (bis II+) hinauf zur Grathöhe.

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    Hier treffen wir auf den Normalweg, welchem wir aber nur wenige Meter folgen, um dann wieder nach links in das schöne Felsgelände einzusteigen. Wir erklimmen über die vordere Kante den hier sichtbaren, linken Pfeilers, welcher sich etwas vom restlichen Massiv abhebt (bis III-, es gibt aber mehrere auch einfachere Möglichkeiten). Danach ober blockigen Fels hinüber zum Gipfelkreuz.

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    Am Gipfel des Südlichen Fuchskarspitze mit Erstklassiker Aussicht auf die wunderbaren Gipfel der Allgäuer Alpen. Halb links im Hintergrund der markante Dreikant der Marchspitze. Nach kurzer Stärkung wenden wir uns nun der Überschreitung Richtung Nördlicher Fuchskarspitze zu.

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    Nach etwas gemütlichem Auftakt wird das Gelände dann recht schnell steiler, ein erster kaminartiger Riss muss abgeklettert werden (II+/III-). Der Fels ist hierbei überwiegend bombenfest.

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    Von unten gesehen wirkt diese Stelle fast zahm, erfordert jedoch durchaus einen kräftigeren Längenzug. Von oben gesehen am besten zuerst rechts halten, um dann auf halber höhe in den Kamin einzuqueren. Ein wirklich schöner und noch nicht zu wilder Auftakt.

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    Weiter über die sich nun immer mehr zusammenschnürende, zudem teilweise brüchige Felsschneide hin zum nächsten markanten Felsabschwung.

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    Dieser ist ausgesetzt. Weniger die Kletterschwierigkeiten (II+/III-) sondern der nicht all zu zuverlässige Fels machen diese Stelle eine kleine Ecke anspruchsvoller, wie der zuvor abgekletterte Felsenkamin.

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    Anschließend legen die Kletterschwierigkeiten nochmal zu, wir steigen über gutgriffigen und zumeist zuverlässigen Fels hinab in die Scharte (III/III+). Für mich einer der spektakulärsten Abschnitte der gesamten Gratüberschreitung.

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    Die knapp 20 Meter steile und wilde Felskante beim Rückblick im Profil - ein geniales Stück Fels. Der etwa 4 Meter hohe Überhang hinab in die Scharte lässt sich ausgesetzt etwas ostseitig "umschiffen". Direkt angegangen ist der Überhang definitiv nicht mehr im III. Schwierigkeitsgrad anzusiedeln.

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    Es folgen weiter sensationelle Kletterabschnitte hin zur nächsten Schlüsselstelle, welche auf günstigster Linie zwar den II. Schwierigkeitsgrad nicht überschreiten, dennoch eine gute Geländeübersicht für die geschickteste und sicherste, ja vielleicht auch lohnendste Route verlangen. Rechts die Höfats.

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    Am Klemmblock mit Munring seilen wir dann kurzer Hand ab. Von unten gesehen wirkt der Fels gar nicht mal so brüchig, von oben sah es aber durchaus heikel aus. Mit unserem 60m Halbseil kommen wir exakt (nach ca. 18m gäbe es noch einen weiteren Munring) bis auf ein bequem zu begehendes Schotterband, welches uns im Anschluss recht einfach wieder hinaus zur Grathöhe geleitet.

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    Weiter über schräg aufragende Platten, oft direkt an der Gratkante (bis II+) hinüber zum sich steil empor schwingenden Gratturm der Madonna, wo gleich die nächsten zwei Schlüsselstellen auf uns warten.

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    Der erste Aufschwung hinauf zum Gipfelchen der Madonna ist wild, ausgesetzt und dank des meist zuverlässigen Gesteins wunderschön zu klettern (III/III+) - absolut genial! Bohrhaken für Seilsicherung wären vorhanden, wie auch bei den übrigen Schlüsselstellen sind von oben her Abseilstände eingerichtet.

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    Nach einem kleinen Schuttplateau, welches den Felspfeiler kurz unterbricht, geht es anregend, aber nicht mehr ganz so schwer (II+/III- je nach Routenwahl) hinauf zur Grathöhe. Eine herrliche Kletterpassage folgt der nächsten, man kommt wirklich kaum noch aus dem Schwärmen heraus.

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    Über zahlreiche Grattürmchen (bis II) nun hinüber dem letzten Aufschwung hinauf zur Madonna. Diese zeigt sich von hier mit der extrem steilen Ostwand von ihrer absoluten Schokoladenseite.

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    Auch der letzte Aufschwung hinauf zur Madonna ist anspruchsvoll und verlangt festes Zupacken (III/III+). Wie fast bei der gesamten Überschreitung gibt es hier auch mehrere Varianten. Wir folgen auf dem ersten Abschnitt den Bohrhaken hinauf zu einem kleinen Absatz ...

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    ... und weichen der steilen Gipfelwand nach rechts in eine etwas brüchige Verschneidung (III) aus.

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    Kurz unter der Madonna mit Blick auf den Hochvogel. Während wir an diesem Tag komplett einsam unterwegs sind, tummeln sich an diesem Tag im November gut und gern 50 Bergsteiger auf seinem Gipfel.

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    Am Gipfel der Madonna angekommen. Nach kurzer Stärkung machen wir uns an den ebenfalls nicht zu unterschätzenden Abstieg hinab in die tiefste Scharte. Diesen wie in manchen Führerwerken mit (II) zu bewerten, halte ich für Schlichtweg falsch, ist dieser vom Anspruch doch kaum leichter wie vorhergegangenen Schlüsselstellen am Grat.

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    Vom Gipfel aus gesehen zunächst nach rechts absteigen, anschließend über eine steile. kaminartige Felsrinne (II+/III-) hinab auf einen Felsabsatz. Nun auf schrofigen Bändern über den letzten Steilabschwung ...

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    ... welcher ausgesetzt und nicht immer gutgriffig hinab in die Scharte führt (III). Hierbei muss überraschend oft auf Reibung angestanden werden, konzentriert steigen wir die letzten anspruchsvollen Meter hinab.

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    Der weitere Übergang hinüber zur Nördlichen Fuchskarspitze wird dann zunehmend leichter. Zunächst nochmals etwas ausgesetzt über schöne Plattentafeln hinweg (bis II) auf den nächsten, recht mächtigen Gratkopf. Anschließend am nunmehr milden Grat hin zum letzten Aufschwung vor der Nördlichen Fuchskarspitze und in leichter Kraxelei auf deren Gipfel. Der Abstieg über den Normalweg ...

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    ... hinab zum Prinz-Luitpold-Haus beherbergt bis auf eine ganz kurze Schrofenstufe (I) knapp vor der Zusammenkunft mit dem vom Glasfelderkopf nach unten führenden Wanderweg keinerlei klettertechnische Schwierigkeiten mehr. Knapp unterhalb der Hütte blicken wir dann nochmal ehrfürchtig auf die heutige Grattour zurück - davon können wir sicher lange in der kalten und dunklen Jahreszeit zehren.

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    Ausmarsch aus dem Bärgündeletal. Nach solchen Touren fällt der Abstieg meist recht leicht, der Abschied von einer doch recht genialen und abwechslungsreichen Bergsaison 2024 aber gewohnt schwer.

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    "Au revoir, Monsieur Schneck". Bestimmt sieht man sich bald wieder ...
     
    Zuletzt bearbeitet: 18. November 2024
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